Bundeswaldinventur: Entwicklungen der CO2-Speicherleistung des Waldes

Mit der am 8. Oktober veröffentlichten vierten Bundeswaldinventur liegen nun umfangreiche Ergebnisse über den Zustand und die Entwicklung des Waldes für die Periode 2017 bis 2022 vor. Aus Klimaschutzsicht hat der Wald in dieser Periode mehr CO2 abgegeben als aufgenommen. Experten vom Öko-Institut e.V. ordnen hier die Ergebnisse ein und zeigen am Beispiel ihres Waldmodells FABio-Forest, welche Bedeutung der Waldmodellierung für die Klimapolitik zukommt.

Dürre, Stürme und Käferbefall setzen dem Wald enorm zu

Gründe für die veränderte Senkenleistung des Waldes in Deutschland liegen hauptsächlich in den extremen Bedingungen wie Dürre und Sturm, gefolgt von Baumschäden durch Käferbefall. Da der massive Verlust der Waldsenke aus den vergangenen Jahren erst mit Veröffentlichung der aktuellen vierten Bundeswaldinventur (BWI-4) bekannt wurde, hat eine wesentliche Informationsgrundlage für politische Entscheidungen zur Steuerung von Klimaschutz in Wäldern gefehlt. Um unsere Klimaschutzziele zu erreichen, ist der Wald aber als natürliche CO2-Senke fest eingeplant. In den kommenden Jahren stehen weitere relevante politische Entscheidungen für den Klimaschutz an, weshalb fundierte, richtungssichere und möglichst zeitnahe Einschätzungen für die Waldentwicklung in den nächsten fünf Jahren wichtig sind.

Die Naturereignisse des Waldes bestimmten die diesjährige Bundeswaldinventur. Foto: Sigurd Maier / Holzbauwelt.de

Irritierende Aussagen zur geringereren CO2-Speicherleistung des Waldes als bisher

„Der Wald fällt als Klimaschützer aus“ und Senkenziele laut Bundes-Klimaschutzgesetz von -25 Millionen Tonnen CO2-Äquivalenten (Mio. t CO2-Äq.) im Jahr 2030 für den Landnutzungssektor (LULUCF) „sind nicht mehr erreichbar“ – diese oder ähnliche Aussagen werden nach der Veröffentlichung der BWI-4 geäußert. Aus unserer Sicht sind diese Aussagen für den Wald nicht ausreichend differenziert:

  1. Der Waldsenkenverlust ist vor allem eine Folge von zusammengebrochenen Fichtenbeständen, die in den 1950er Jahren überwiegend an ungeeigneten Standorten gepflanzt wurden.
  2. Die Waldsenke hatte sich in der Periode 2012 bis 2017 noch aufgebaut. Danach nahm sie bis zum Jahr 2022 massiv ab. Waldmodelle können helfen zu verstehen, wie sich diese Entwicklung fortsetzen wird.

Die Fichten-Antwort

Alle 10 Jahre wird in Deutschland die Bundeswaldinventur durchgeführt. Aktuell wurden die Ergebnisse der BWI-4 für die Periode 2012 bis 2022 beim Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft vorgestellt (Broschüre zur BWI-4). Auf mittlerweile fast 80.000 Erhebungspunkten werden Baumarten erfasst, Baumdurchmesser sowie -höhen bestimmt, Totholz vermessen und weitere biodiversitätsrelevante Strukturen wie Spechthöhlen aufgenommen. Die Zeitreihen der Bundeswaldinventuren – zusammen mit den um fünf Jahre versetzten Zwischeninventuren – ermöglichen eine Analyse der zeitlichen Entwicklung der Waldflächen in Bezug auf Holzvorräte, Lebensraumqualität und die Einbindung von CO2 für den Klimaschutz.

Referenzszenario der Holzverwendung und der Waldentwicklung mit FABio-Forest

Im Rahmen des UBA-Projekts BioSINK1 wurde die Auswirkung der energetischen Nutzung forstlicher Biomasse in Deutschland auf deutsche und internationale Kohlenstoffsenken im Landnutzungssektor untersucht. Dazu wurde die zukünftig zu erwartende Nachfrage nach Holz mit dem Holzverwendungsmodell TRAW sowie die mögliche Waldentwicklung mit dem Waldmodell FABio-Forest modelliert.

In der Broschüre zur BWI-4 werden erste Ergebnisse zur Kohlenstoffbilanz der Waldfläche dargestellt. Die Biomasse der lebenden Bäume – wie in Abbildung 3 zu sehen – setzt sich aus der oberirdischen und unterirdischen Biomasse zusammen. Die Veränderung der Senkenleistung in der Periode 2012 bis 2017 betrug -260 Mio. t CO2-Äq. und in der Periode 2017 bis 2022 +132 Mio. t CO2-Äq. (Umrechnungsfaktor: Mio. t C * 44/12).

Quelle: Öko-Institut e.V.

 

lebt in Stuttgart und betreibt als unabhängiger Holzhaus-Experte aus Leidenschaft verschiedene Blogs und das Portal holzbauwelt.de. Er informiert über Trends im Wohnungs- und Gewerbebau mit dem Baustoff Holz für Bauherren, Investoren, Planer im modernen Holzbau. E-Mail senden